Rechtsprechung mit Folgen: KVSH muss einzelne Anlaufpraxen im Bereitschaftsdienst tageweise schließen
Infolge des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) zur Sozialversicherungspflicht von Poolärzten ist die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) gezwungen, Einschränkungen im ärztlichen Bereitschaftsdienst vorzunehmen.
An neun von 32 Standorten müssen die allgemeinen Anlaufpraxen ab dem 1. Januar 2024 montags, dienstags und donnerstags geschlossen werden. Keine Veränderungen gibt es an den Tagen Mittwoch, Freitag sowie an Wochenenden und Feiertagen.
„Uns fehlen aufgrund des BSG-Urteils rund 450 Poolärzte, die bisher kompetent die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von den Diensten in den Anlaufpraxen entlastet haben“, erläutert die Vorstandsvorsitzende der KVSH, Dr. Monika Schliffke, und ergänzt: „Wir schließen ausschließlich an Standorten, wo im Verlauf des ganzen letzten Jahres an diesen Wochentagen weniger als vier Patienten in zwei Stunden behandelt wurden.“
Folgende Standorte sind betroffen: Bad Oldesloe, Eckernförde, Oldenburg, Preetz, Westerland, Büsum, Ratzeburg, Kappeln und Neustadt. In Kappeln und Neustadt als Touristikorte wird von April bis September 2024 wieder ein durchgehender Dienst bereitstehen. Patientinnen und Patienten aus den betroffenen Regionen, die die Hilfe des ärztlichen Bereitschaftsdienstes benötigen, können sich unter der Telefonnummer 116117 an die Leitstelle der KVSH wenden. Diese nennt ihnen die nächstgelegene Anlaufpraxis oder vermittelt die Patienten abhängig vom Beschwerdebild gegebenenfalls an den fahrenden Dienst bzw. die ärztliche Telefonberatung in der Leitstelle. Alle zwölf kinderärztlichen Anlaufpraxen, der gebietsorganisierte Bereitschaftsdienst der HNO- und Augenärzte sowie der ärztliche Telefonberatungsdienst der 116117 bleiben unverändert. Regional veränderte Öffnungszeiten werden rechtzeitig in der örtlichen Presse, unter www.116117.de sowie auf der Webseite der KVSH veröffentlicht.
„Den Wegfall der Poolärztinnen und Poolärzte können wir nicht auf die Schnelle kompensieren, sodass wir keine andere Möglichkeit haben, als die Zahl der Anlaufpraxen an den genannten Tagen zu reduzieren“, betonte Dr. Ralph Ennenbach, stellvertretender Vorstandsvorsitzender. „Selbstverständlich stellen wir den ärztlichen Bereitschaftsdienst in Schleswig-Holstein weiterhin sicher. Den bisherigen Umfang können wir allerdings allein mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten nicht stemmen, denn diese müssen parallel auch die Regelversorgung in ihren Praxen sicherstellen“, so Ennenbach weiter.
Die KVSH hatte den rund 450 Poolärztinnen und -ärzten zum 1. Januar 2024 gekündigt und damit auf ein BSG-Urteil reagiert, wonach für Poolärzte im organisierten Bereitschaftsdienst eine zusätzliche Sozialversicherungspflicht besteht. Dadurch würden jährliche Mehrkosten von etwa drei bis fünf Millionen Euro auf die KVSH zukommen. „Sollte die Rentenversicherung auch für die vergangenen vier Jahre Rückforderungen stellen, könnte die finanzielle Belastung sogar bei rund 15 Millionen Euro liegen, betonten beide Vorstände. „Das ist in dieser Dimension für die KVSH nicht tragbar.“