Ambulante Komplexversorgung bei psychischen Erkrankungen
Die Komplexversorgung ist ein Behandlungsprogramm für Erwachsene mit insbesondere schweren psychischen Erkrankungen. Die Patientinnen und Patienten werden von einem multiprofessionellen Team engmaschig und kontinuierlich betreut.
Das Versorgungsangebot richtet sich an schwer psychisch erkrankte Erwachsene mit einem komplexen psychiatrischen, psychosomatischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf. Folgende Kriterien müssen erfüllt sein:
- Der Patient hat das 18. Lebensjahr vollendet.
- Es handelt sich um eine Erkrankung der Diagnosen F10 bis F99 nach Kapitel V der ICD-10-GM.
- Pro Quartal bedarf es mindestens zweier Behandlungsmaßnahmen durch unterschiedliche Disziplinen zur Heilung, Linderung oder um die Verschlimmerung der Erkrankung zu verhüten.
- Der GAF-Wert (Global Assassment of Functioning) beträgt höchstens ≤ 50.
Ein Netzverbund ist ein vertraglicher Zusammenschluss von mindestens zehn Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern einer Region, die zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen sind.
Netzverbundmitglieder können Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer der folgenden Fachgruppen sein:
- Psychiatrie und Psychotherapie
- Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Nervenheilkunde
- Neurologie und Psychiatrie
- Neurologie
sowie - ärztliche und psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten
Mitglieder des Netzverbundes:
mindestens vier Fachärztinnen und/oder Fachärzte für
- Psychiatrie und Psychotherapie
- Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Nervenheilkunde
- Neurologie und Psychiatrie
sowie
- mindestens vier ärztliche und/oder psychologische Psychotherapeutinnen oder Psychotherapeuten
Die Netzverbundmitglieder schließen einen Netzverbundvertrag. Dieser ist der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein bei Beantragung vorzulegen.
Der Netzverbund muss Verträge schließen mit
- mindestens einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus mit psychiatrischen oder psychosomatischen Einrichtungen für Erwachsene
- mindestens einem Leistungserbringer für Ergotherapie, Soziotherapie oder der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege.
Der Netzverbund kann einen Vertrag schließen mit einem Krankenhaus, das über psychosomatische Kompetenzen verfügt.
Folgende Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern sollen bei Bedarf berücksichtigt werden:
- Sozialpsychiatrische Dienste und, soweit vorhanden, Krisendienste,
- Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer der Eingliederungshilfe,
- Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer zur Teilhabe am Arbeitsleben,
- zugelassene vollstationäre und teilstationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste, die einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI abgeschlossen haben,
- Rehabilitationseinrichtungen nach § 111 SGB V mit Leistungsangeboten für Menschen mit einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung,
- Psychosoziale Beratungsstellen und Suchtberatungsstellen,
- Traumaambulanzen nach § 31 SGB XIV,
- Selbsthilfeorganisationen für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und
- Psychosoziale Einrichtungen zur psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung von Geflüchteten.
Wenn Patientinnen oder Patienten mit psychischen Erkrankungen durch psychotrope Substanzen (gemäß ICD-10-GM F10-F19) behandelt werden, muss eine Kooperation eingegangen werden mit einem Krankenhaus, welches eine qualifizierte Entzugsbehandlung abhängigkeitskranker Erwachsener durchführen kann.
Die Kooperationsverträge sind der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein bei Beantragung vorzulegen.
Die Bezugsperson ist eine zentrale Ansprechpartnerin oder ein Ansprechpartner und trägt die Verantwortung für die Erstellung und Fortschreibung des Gesamtbehandlungsplans. Weiterhin ist sie dafür verantwortlich, dass die Versorgungsbestandteile entsprechend dem Gesamtbehandlungsplan für die Patientin oder den Patienten ineinandergreifen.
Die Bezugsperson muss einer der folgenden Fachgruppen angehören:
- Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
- Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Facharzt für Nervenheilkunde oder Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
- Ärztliche oder Psychologische Psychotherapeuten
außerdem sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
- voller Versorgungsauftrag oder Vollzeittätigkeit
- muss in der Lage sein, die Koordination der Versorgung der Patienten an eine nichtärztliche Person nach § 5 Absatz 2 KSVPsych-RL zu delegieren
- Netzverbundmitglied oder bei Netzverbundmitglied angestellt
Die Koordinationsperson bekommt von der Bezugsperson Koordinationsaufgaben übertragen und hilft der Patientin oder dem Patienten dabei, die Behandlungsmaßnahmen wahrzunehmen.
Durch folgende Berufsgruppen kann die Koordination der Versorgung der Patienten erfolgen:
- Soziotherapeutische Leistungserbringer, die einen Vertrag zur Erbringung von Soziotherapie nach § 132b SGB V abgeschlossen haben,
- Zugelassene Ergotherapeuten nach § 124 SGB V,
- Leistungserbringer, die einen Vertrag für die Erbringung von psychiatrischer häuslicher Krankenpflege gemäß § 132a SGB V abgeschlossen haben,
- Medizinische Fachangestellte, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Pflegefachpersonen, Psychologen. Koordinationspersonen dieser Berufsgruppen müssen eine zweijährige Berufserfahrung in der Versorgung von Patienten mit psychischen Erkrankungen oder eine fachspezifische Zusatzqualifikation, die Kenntnisse im Umgang mit psychischen Störungen belegt, nachweisen. Bei der Berufserfahrung können Ausbildungszeiten berücksichtigt werden.
Die Koordination umfasst:
- die Vernetzung mit anderen an der Versorgung der jeweiligen Patientin oder des jeweiligen Patienten nach dieser Richtlinie beteiligten Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern,
- das Nachhalten der Umsetzung des Gesamtbehandlungsplans,
- die Vereinbarung von Terminen bei Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern für die Patientin oder den Patienten auf Basis des Gesamtbehandlungsplanes,
- mit Einverständnis der Patientin oder des Patienten das Aufsuchen der Patientin oder des Patienten in ihrem oder seinem häuslichen Umfeld, sofern erforderlich,
- das Führen von Gesprächen im Lebensumfeld der Patientin oder des Patienten sowie die Einbeziehung von relevanten Bezugspersonen, sofern erforderlich,
- erforderlichenfalls den wöchentlichen telefonischen oder persönlichen Kontakt mit der Patientin oder dem Patienten und das Hinwirken auf Termintreue,
- Erarbeitung eines individuellen Rückmeldesystems mit der Patientin oder dem Patienten,
- Kontaktaufnahme und den Austausch zur Anbahnung von weiteren Leistungen und Hilfen für die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten.
Ihr Ansprechpartner
Mila Endrulat
04551 883 423
Stellvertretung
Doris Eppel
04551 883 262