Honorarabschluss gefährdet ambulante Versorgung
Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) hat den Honorarabschluss für 2025 auf Bundesebene deutlich kritisiert.
„Der Abschluss ist extrem enttäuschend und wird die ambulante Versorgung weiter schwächen. Die Steigerung des Orientierungswertes in Höhe von 3,85 Prozent deckt die gestiegenen Kosten der Praxen bei weitem nicht ab“, machte Dr. Bettina Schultz, die Vorstandsvorsitzende der KVSH, deutlich.
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband haben im Bewertungsausschusses darauf verständigt, dass der Orientierungswert und damit die Preise für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen um 3,85 Prozent steigt. Die KBV hatte 5,7 Prozent mehr Honorar gefordert, die Krankenkassen waren mit dem Angebot von 1,6 Prozent in die Verhandlungen gestartet.
Die Praxen schultern seit Jahren enorme Preissteigerungen infolge stark gestiegener Kosten für Personal und Energie sowie höhere Mieten. Das belegen auch neue Daten des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2022. Danach erhöhten sich die durchschnittlichen Aufwendungen pro Arztpraxis im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozent und für Psychotherapiepraxen um 11,1 Prozent. Zugleich stiegen zwar auch die durchschnittlichen Einnahmen – aber weniger stark, sodass der Reinertrag je Praxis im Schnitt sank.
Viele Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können ihre Praxen unter den aktuellen Bedingungen nicht länger kostendeckend betreiben. Das wird dazu führen, dass Ältere früher als geplant ihre Praxis schließen und Jüngere nicht mehr bereit sind, sich niederzulassen. Vor allem auf dem Land wird sich die ohnehin schon angespannte Versorgungslage weiter verschärfen. Der Fachkräftemangel schlägt sich heute schon voll auf die Praxen nieder. Diese können offene Stellen für Medizinische Fachangestellte nicht besetzen, weil sich keine Bewerberinnen mehr finden oder MFA lieber im Krankenhaus arbeiten, da sie dort besser verdienen. Durch den Honorarabschluss haben die Praxen es noch schwerer, Personal zu finden.
Der KVSH-Vorstand fordert eine grundsätzliche Reform der Berechnung der ärztlichen und psychotherapeutischen Honorare. Anders als bei Tarifverhandlungen von Gewerkschaften und Arbeitgebern ist bei den Verhandlungen zwischen KBV und GKV-Spitzenverband das Verfahren gesetzlich vorgegeben. Entsprechend eng ist der Verhandlungsspielraum. „Wir brauchen eine neue, flexiblere Systematik, die Kostenentwicklungen nicht mehr rückwirkend betrachtet, sondern frühzeitig erfasst und damit auch die tatsächlichen Belastungen für die Praxen berücksichtigt“, fordert Schultz. Während die Arztlöhne in den Krankenhäusern regelmäßig tariflich steigen, erhöht sich der wirtschaftliche und personelle Druck auf die Praxen. Eine ausreichende Gegenfinanzierung ist wegen der gedeckelten Arzthonorare kaum noch möglich. „Keine junge Ärztin, kein junger Arzt wird sich unter diesen Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit in der Niederlassung entscheiden“, so Schultz.