Praxen schlagen Alarm: flächendeckende ambulante Versorgung in Gefahr
Die Arzt- und Psychotherapeutenpraxen in Schleswig-Holstein stehen unter einem enormen Kostendruck. Steigende Praxis-, Personal- und Investitionskosten machen den Betrieb einer Praxis immer unrentabler.
Eine Inflationsrate von aktuell mehr als sechs Prozent lässt die Ausgaben der Praxen massiv in die Höhe schnellen. Eine ausreichende Gegenfinanzierung ist wegen der gedeckelten Arzthonorare kaum noch möglich. „Die Praxen können die gestiegenen Kosten nicht über höhere Preise ausgleichen, sondern müssen sie aus der eigenen Tasche bezahlen. Einnahmen und Ausgaben klaffen immer weiter auseinander“, machte der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) deutlich. „Die Stimmung bei Ärztinnen und Ärzten sowie Praxispersonal ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Mehr Arbeitsaufwand, mehr Bürokratie, weniger Fachkräfte und ein gedeckeltes Budget – das kann nicht mehr lange gut gehen und wird sich in der Versorgung bemerkbar machen“, beschreibt Dr. Monika Schliffke, die Vorstandsvorsitzende der KVSH, die Situation.
Für junge Medizinerinnen und Mediziner wird die ambulante Versorgung zunehmend unattraktiver. Medizinische Fachangestellte (MFA) verlassen die Praxen in Richtung Krankenhäuser, weil sie dort besser verdienen. Es sei daher dringend an der Zeit zu handeln, da sonst eine flächendeckende ambulante Patientenversorgung nicht mehr gewährleistet werden könne.
In den anstehenden Finanzierungsverhandlungen zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen müsse daher eine deutliche Steigerung des Orientierungswertes und damit der Preise für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen erzielt werden. „Es muss Schluss sein mit den ritualisierten Nullrunden-Forderungen der Krankenkassen“, betont Dr. Ralph Ennenbach, stellvertre-tender Vorstandsvorsitzender. Durch die geringen Steigerungsraten in der Vergangenheit verschärfe sich außerdem das Ungleichgewicht zu ärztlichen Einkommenschancen an anderer Stelle, bei gleich-zeitig niedrigerem Risiko. Sollten die Krankenkassen auch bei der nächsten Verhandlungsrunde nicht bereit sein, Verantwortung für ihre Versicherten zu übernehmen und ausreichend Geld für die ambulante Versorgung zur Verfügung zu stellen, stünden schwierige Entscheidungen der Praxen bevor. Letztlich sind – vielmals stille – Leistungsreduktionen die Folge, weil das Bisherige nicht mehr leistbar ist.