Impf-Update Extra
Nach dem mittleren Erdbeben, das die STIKO am letzten Donnerstagabend ausgelöst hat, möchten wir Ihnen einige Informationen geben, die für Sie und eine veränderte Kommunikation an Ihre zu impfenden Personen nützlich sein können.
- Nachdem die STIKO von jetzt auf gleich das komplette Impfschema für AZ umsortiert hat, können Herr Spahn und die Gesundheitsminister nicht anders, als der STIKO als Fachkommission zunächst in der Öffentlichkeit den Rücken zu stärken. Für die interne und äußere Reputation ist es aber nicht hilfreich, niemanden zurate zu ziehen, der praktisch mit den Impfprozessen zu tun hat. Über Auswirkungen eines solch grundsätzlichen Beschlusses hatte man sich als wissenschaftliche Institution keine Gedanken gemacht.
- Entgegen den Zulassungskonditionen der EMA geschieht in Deutschland nun vorläufig ein Alleingang in Bezug auf AZ, wahrscheinlich so lange, bis valide Ergebnisse vorliegen, die die EMA zu einer befürwortenden Stellungnahme oder Zulassungsveränderungen veranlassen. Grundsätzlich lassen die ersten Studien hoffen, dass definitiv eine noch bessere Impfeffizienz durch eine Zweitimpfung mit einem mRNA Impfstoff nach Erstimpfungen mit Vektorimpfstoff erreicht werden kann, ggf. sogar besser als eine mRNA Impfserie. Insofern geschieht jetzt nichts medizinisch Implausibles, sondern man folgt Studienergebnissen, auch wenn diese noch nicht eindeutig sind. Off-Label ist hier nichts. Es wird ebenso noch untersucht, ob ein konträres Schema – zuerst mRNA, dann Vektorimpfstoff – ähnlich gute Ergebnisse hervorbringt.
- Die jetzt nicht mehr vorhandene Konformität des heterologen Impfens mit den Zulassungen der Impfstoffe hat uns veranlasst, sofort die Frage nach der Haftung zu stellen. Über Dr. Garg ist dies am Freitag noch in die eilig zusammengerufene Gesundheitsministerkonferenz eingebracht worden und Herr Spahn hat auch für diese Handhabung der Impfung die Staatshaftung zugesagt. Die schriftliche Bestätigung dazu ist bereits am Wochenende bei uns eingegangen. Heterologes Impfen zieht also keine gesonderte Haftungsfrage nach sich.
- Eine heterologe Zweitimpfung soll mindestens einen Abstand von vier Wochen zur Erstimpfung haben. Dies versetzt Sie nun in die Lage, für alle Ihre Impfstoffe einheitlich z.B. 4, 5 oder 6 Wochen festzulegen, was zu organisatorischer Entlastung Ihres Personals beitragen sollte.
Für die Kommunikation zu Impfwilligen
- Bitte beruhigen Sie alle Personen, die bereits eine Zweitimpfung mit AZ haben. Der Impfschutz besteht auch gegen die Deltavariante und ist sehr gut. Wie bereits im Impf-Update 14 mitgeteilt, liegt der Schutz vor schwerer Erkrankung bei über 90%. Man kann den Menschen sagen, dass möglicherweise später eine dritte Impfung mit einem mRNA Impfstoff erfolgt, wenn es dazu Studienergebnisse gibt. Das ist aber sicher nicht vor dem Herbst zu erwarten. Diese Personengruppe kann mit ihrer vollständigen Impfung weltweit beruflich oder privat reisen, da Anerkennung überall gegeben ist.
- Personen, die sich einverstanden erklären, auch jetzt AZ als Zweitimpfung zu nehmen, sollten diese Impfung erhalten, um vollständig geimpft zu sein und um beruflich oder privat reisen zu können. Es wird auch Personen geben, die gar nicht reisen, mit AZ sehr zufrieden sind, und daher damit auch zweitgeimpft werden wollen. Für diesen gesamten Personenkreis hatten wir Ihnen im letzten ImpfUpdate vorgeschlagen, den Impfabstand angesichts des Vordringens der Deltavariante zu verkürzen. Da momentan die Tendenz zur späteren Boosterung mit mRNA geht, spielt eine potentiell bessere Langzeitwirkung von AZ bei langem Impfabstand keine Rolle mehr.
- Die größte Gruppe werden jetzt die nur Erstgeimpften sein, die nun das Anrecht auf eine Zweitimpfung mit einem mRNA Impfstoff haben. Wie wir aus der Surveillance heute ausgelesen haben, sind dies landesweit 159.580 Menschen, für die jetzt - neben der sonstigen Impfplanung - mRNA Impfstoff beschafft werden muss. Dr. Garg hat bei Herrn Spahn bereits avisiert, dass SH dazu nun eine zusätzliche Liefermenge benötigt. Es empfiehlt sich, dass Sie bereits jetzt, wo es keine Höchstbestellmengen gibt, beginnen, sich einen Vorrat anzulegen und diesen rollierend nutzen. Die Lagerfähigkeit von BioNTech ist aufgetaut und gekühlt ja unterdessen auf 31 Tage ausgedehnt. Damit können Sie eine gewisse Zeitspanne überbrücken, bis Nachschub gesichert ist.
Bitte machen Sie die so impfwilligen Personen darauf aufmerksam, dass eine Reihe Länder bei Einreise eine heterologe Impfung nicht akzeptiert. Das betrifft in jedem Fall die USA, aber z.B. momentan auch die Türkei. Dieser Länderkatalog kann sich täglich ändern. Personen, die beruflich auf Reisen angewiesen sind oder auch diejenigen, die im September einen Türkeiurlaub planen, werden sich dann möglicherweise doch für eine AZ-Zweitimpfung entscheiden, um sich später ggf. mit mRNA nachimpfen zu lassen. - Das Land sagt uns Hilfestellung bei der Überbrückung der momentanen Situation zu. Wir benötigen z.B. eine Regelung zum Umgang mit jetzt vorhandenen AZ-Überschüssen, zu der Sie noch gesondert Nachricht erhalten. Praxen, die im Mai oder Juni Sonderaktionen mit vielen Personen durchgeführt haben, brauchen wahrscheinlich eine separate Lieferung. Wenn dies für Sie zutrifft, melden Sie sich bitte unter der Mailanschrift Sonderkontingent-impfung@kvsh.de und geben Sie die Menge an, die Sie als Praxis separat aus einem der Sonderkontingente verimpft haben. Wir teilen allen, die sich unter dieser Mailanschrift gemeldet haben, den gesonderten Bezugsweg mit, sobald dieser feststeht.
Zukünftig
Akutsituationen wie die am letzten Freitag mit erheblichen Auswirkungen auf Impf- und Praxisstruktur können zum AZ-Impfstoff auch zukünftig nicht ausgeschlossen werden. Dafür ist die Daten- und Studienlage zu wechselnd und unübersichtlich. Für den J&J Impfstoff wird nach unseren Informationen inzwischen ebenfalls überlegt, eine mRNA Zweitimpfung vorzusehen. Sie haben insofern die volle Unterstützung der KVSH, wenn Sie ab sofort ausschließlich nur noch mRNA als Erstimpfung verimpfen und AZ nur noch zur Vervollständigung der Impfserien für Personen nutzen, die dies ausdrücklich wollen.
Wir werden Ihnen weiterhin jeweils freitags Informationen zur Impfstoffsituation geben. Bitte beachten Sie dies jetzt besonders unter dem notwendigen Mehrbedarf.
Wir bedanken uns für Ihr Verständnis in dieser außergewöhnlichen Situation. Offene Fragen beantworten wir weiter gerne.
Ihr Vorstand