Umsetzung GKV-Stabilisierungsgesetz
TSS-Terminvermittlung – Hausarzt-Vermittlungsfall – Neupatienten – Offene Sprechstunde
Durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) werden Änderungen im Umgang mit der Terminvermittlung vorgenommen, die der Gesetzgeber mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im Jahr 2019 getroffen hat. Nachfolgend möchten wir Sie über die Umsetzung informieren sowie bereits bestehende Regelungen zur Erinnerung aufgreifen.
TSS-Terminvermittlung
Bei einer Terminvermittlung durch die Terminservicestellen (TSS) werden alle Leistungen der Arztgruppe im Quartal bei einem Versicherten (Arztgruppenfall) weiterhin extrabudgetär vergütet. Zusätzlich wird ein extrabudgetärer Zuschlag zur Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale gezahlt. Änderungen gibt es jedoch bei den Fristen für die Berechnung der Zuschläge und bei der Vergütung, die zum 1. Januar 2023 deutlich angehoben wird. Die Höhe des Zuschlags ist abhängig von der Anzahl der Kalendertage nach der
Kontaktaufnahme des Versicherten zur TSS bis zum Tag der Behandlung:
Behandlungstag | Zuschlag | Kennung | Hinweis | |
spätestens am Folgetag (TSS-Akutfall) | 200 % | A | Der Zuschlag von 200 % und die extrabudgetäre Vergütung wird nur gewährt, wenn die Behandlung spätestens am Tag nach Kontaktaufnahme des Versicherten bei der TSS und Einschätzung als TSS-Akutfall erfolgt ist. Eine Behandlung ab dem 2. Tag nach der Kontaktaufnahme gilt nicht mehr als TSS-Akutfall und löst auch keine weitere Zuschlagsberechtigung mehr aus (keine 100, 80 oder 40 %). | |
ab der Kontaktaufnahme (TSS-Vermittlungsfall) | 100 % | B | Die extrabudgetäre Vergütung und Zuschlag werden nur gezahlt, wenn der Termin durch die Kontaktaufnahme des Versicherten über die TSS zustande gekommen ist. Patienten benötigen zwingend eine Überweisung mit einem Vermittlungscode (ausgenommen Hausärzte, Augenärzte, Gynäkologen und Psychotherapeuten). | |
vom 5. bis 14. Kalendertag (TSS-Vermittlungsfall) | 80 % | C | ||
vom 15. bis 35. Kalendertag (TSS-Vermittlungsfall) | 40 % | D |
Die Abrechnung der Zuschläge in den jeweiligen Fachgruppen-Kapiteln bleibt bestehen. Ärzte und Psychotherapeuten rechnen die jeweilige Gebührenordnungsposition (GOP) für den Zuschlag ab, wenn Patienten über die TSS in die Praxis kommen. Zu jeder GOP gibt es vier mögliche Kennungen A, B, C, D. Diese sind je nach der Wartezeit bis zur Behandlung vom Arzt oder Psychotherapeuten zusammen mit der GOP anzugeben (z. B. 06228C). Der Tag der Kontaktaufnahme des Versicherten bei der TSS gilt als erster Zähltag für die Berechnung der gestaffelten prozentualen Aufschläge und wird weiterhin im Bereich „Terminservicestelle“ unter www.ekvsh.de ausgewiesen. Das Praxisverwaltungssystem (PVS) ordnet anschließend den Zuschlag automatisch der richtigen altersgruppenspezifischen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale zu und errechnet die konkrete Zuschlagshöhe.
Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern
Für die Durchführung von Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern (Abschnitt 1.7.1 EBM; Laborleistungen und GOP 01720 sind ausgenommen) aufgrund einer Terminvermittlung über die TSS erhält der Arzt einen Aufschlag in Form einer Zusatzpauschale nach der GOP 01710. Die Vergütung ist abhängig von der Anzahl der Kalendertage von Kontaktaufnahme zur TSS bis zum Tag der Behandlung und beträgt:
- von der Kontaktaufnahme bis 4. Kalendertag: 217 Punkte
- vom 5. bis 14. Kalendertag: 173 Punkte
- vom 15. bis 35. Kalendertag: 87 Punkte.
Bei der Abrechnung der GOP 01710 ist das zutreffende Zeitintervall mit der Kennung B, C oder D zu dokumentieren (z. B. 01710B).
Hausarzt-Vermittlungsfall
Hausärzte oder Kinder- und Jugendmediziner, die für ihre Patienten einen dringenden Termin bei einem Facharzt oder Psychotherapeuten vereinbaren, erhalten ab dem 1. Januar 2023 einen Zuschlag in Höhe von 15 Euro nach der GOP 03008/04008 (Zuschlag für die Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins).
Voraussetzung für einen Hausarzt-Vermittlungsfall ist, dass nach Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit
- der Termin spätestens am 4. Kalendertag beim Facharzt vereinbart wird oder
- nach dem 4. Kalendertag, wenn eine Terminvermittlung durch die Terminservicestelle oder eine eigenständige Terminvereinbarung durch den Patienten (oder eine Bezugsperson) aufgrund einer medizinischen Besonderheit des Einzelfalls nicht angemessen oder nicht zumutbar ist. In welchen Fällen das zutrifft, entscheidet der Hausarzt. In den meisten Fällen geht es dabei um die Frage der medizinischen Angemessenheit einer verbindlichen zeitnahen Terminierung gegenüber der vergleichsweise weniger eingrenzbaren Terminierung via Terminservicestelle. In welchen Fällen das zutrifft, entscheidet der Hausarzt. Wir empfehlen den Grund in der Patientenakte zu dokumentieren.
Bei der Abrechnung der GOP 03008/04008 EBM ist die (Neben-)Betriebsstättennummer der Praxis, an die der Patient vermittelt wurde, anzugeben. Der Termin wird dem Patienten durch den Hausarzt oder Kinder- und Jugendmediziner mitgeteilt und eine Überweisung zwingend ausgestellt. Liegt der vermittelte Termin zwischen dem 24. Tag und max. 35. Tag nach Feststellung der Behandlungsnotwendigkeit, ist eine medizinische Begründung anzugeben.
Die Fachärzte oder Psychotherapeuten, die einen Termin bereitstellen, erhalten alle abgerechneten Leistungen in dem Quartal (Arztgruppenfall) extrabudgetär vergütet. Die Überweisung ist im Praxisverwaltungsprogramm als Hausarztvermittlungsfall zu kennzeichnen. Zusätzlich erhalten die Fachärzte oder Psychotherapeuten die extrabudgetären Zuschläge von 100, 80 oder 40 Prozent zur Grund- oder Konsiliarpauschale beziehungsweise der Versichertenpauschale bei fachärztlich tätigen Kinder- und Jugendmedizinern, die die Voraussetzungen zur Berechnung von Gebührenordnungspositionen
des Abschnitts 4.4 oder 4.5 erfüllen (analog zu der Terminvermittlung durch die TSS, Kennung B, C, D).
Neupatienten
Zum 31. Dezember 2022 endete die extrabudgetäre Vergütung in Bezug auf die Neupatientenregelung. Das Geld der Bereinigung fließt somit wieder in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) zurück. Wie bereits im Nordlicht 12/2022 ausgeführt, hat die Abgeordnetenversammlung der KVSH am 16. November 2022 beschlossen, die Neupatientenregelung in den Honorarverteilungsmaßstab aufzunehmen und für die Quartale
I und II/2023 beizubehalten. Mit dem zurückgeführten Geld werden für die zwei Quartale jeweils zwei Honorartöpfe (Hausärzte/Fachärzte) gebildet und daraus die Leistungen der ermittelten Neupatienten außerhalb der PZV vergütet. Entspricht die Forderung dem zurückgeführten Geld oder verringert sich, werden die Leistungen zu 100 Prozent vergütet. Liegt die Forderung über dem zur Verfügung stehenden Geld, erfolgt eine Quotierung der Leistungen bis zu der geltenden Mindestquote von 90 Prozent.
Offene Sprechstunde
Die Vergütung der Leistungen im Rahmen von offenen Sprechstunden erfolgt unverändert in höchstens 17,5 Prozent der Arztgruppenfälle im Quartal extrabudgetär.
Unter Beibehaltung der bestehenden Regelungen erfolgt gemäß den neuen Vorgaben des GKV-FinStG ab dem 1. Januar 2023 eine Bereinigung der MGV in jedem Quartal, wenn die offene Sprechstunde um mehr als drei Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal in der Arztgruppe zunimmt. Auf Grund der komplexen arztgruppenspezifischen Umsetzung wurde im HVM eine für den Arzt einfache Vorgehensweise beschlossen. Wie bereits aus der PZV-Mittteilung I/2023 hervorgeht, werden die PZV um die historischen Bereinigungspunktzahlen des Quartals I/2020 erhöht. Dieses erfolgt auch für die PZV-Mitteilungen 2/2023 bis 4/2023. In den Praxisverwaltungssystemen werden wie bisher die Fälle der offenen Sprechstunde gekennzeichnet. In der Abrechnung werden die PZV-relevanten Leistungen herausgezogen, der PZV-Berechnung zugeführt und die praxisindividuelle PZV-Vergütungsquote ermittelt, die sich aus dem PZV, Ihrer Restforderung und dem Restpunktwert ergibt. Überschreitet die Praxis ihr PZV, gleicht die KV die Leistungen der offenen Sprechstunde aus, sodass sich dafür eine 100-prozentige Vergütung ergibt. Der Ausgleich ist das „Sahnehäubchen“ (s. Nordlicht 12/2022 Seite 21).
Bitte überprüfen und aktualisieren Sie Ihre verpflichtenden Angaben zur Offenen Sprechstunde im eKVSH-Portal (mindestens 5 Stunden je vollem Tätigkeitsumfang). Ärzte folgender EBM-Kapitel sind gem. § 17 BMV-Ä zur offenen Sprechstunde verpflichtet: Kapitel 6, 7, 8, 9, 10, 14, 16, 18, 21, 26.
Abrechnungshinweis: Für die Behandlung in der Offenen Sprechstunde durch eine Arztgruppe wird im PVS ein Schein angelegt und mit der Vermittlungsart „Offene Sprechstunde“ gekennzeichnet. Sofern eine weitere Arztgruppe den Patienten außerhalb der Offenen Sprechstunde behandelt, ist für diese Behandlung ein neuer, separater Schein im PVS anzulegen.