Vorstandsnewsletter Covid-19 (17.03.2020)

Die aktuelle Situation rund um die Auswirkungen und Folgen von Covid-19 ist hochdynamisch. Uns erreichen vielerlei Anfragen sowohl zur medizinischen Ausrichtung der Praxen, zur sinnvollen Modifikation von EBM-Begrenzungen (Bsp. Videosprechstunde) als auch zu Sorgen wirtschaftlicher Art

17.03.2020

Sehr geehrte Mitglieder der KVSH,

die aktuelle Situation rund um die Auswirkungen und Folgen von Covid-19 ist hochdynamisch. Uns erreichen vielerlei Anfragen sowohl zur medizinischen Ausrichtung der Praxen, zur sinnvollen Modifikation von EBM-Begrenzungen (Bsp. Videosprechstunde) als auch zu Sorgen wirtschaftlicher Art. Ebenso ergeben sich Fragen zu den neu vorgesehenen strukturellen Komponenten („Container“ etc.). Letztere klammern wir für diesen Newsletter bewusst aus. Zu den anderen Fragen heute einige aktuelle Informationen. Wir versuchen generell in einem sinnvollen zeitlichen Rhythmus auf alle Fragen zu antworten, die sich in diesen Tagen stellen, und bitten um Verständnis, dass es sich dabei mitunter um ein paar Tage handeln kann, weil Ideen und Aktionen im Fluss sind und ein Zuviel an Zwischennachrichten eher verwirrt, weil diese vielfach zu schnell überholt wären.

Wie sollen sich die Praxen medizinisch auf die Situation einstellen?

  • Sofern nicht bereits geschehen, versehen Sie Ihre Praxis mit einem gut sichtbaren Hinweis an der Eingangstür, dass Patienten mit Infektsymptomen oder Rückkehrer aus Risikogebieten sich ausschließlich telefonisch anmelden sollen. Wird dieser Hinweis ignoriert, separieren Sie den Patienten soweit wie möglich und weisen ihn darauf hin, dass er sich unsolidarisch verhält. Diskussionen sind selten zielführend.
  • Überlegen Sie die Option, Ihr Wartezimmer zu schließen. Man könnte Patienten in Ihnen passenden Abständen bestellen und sie nur einzeln in Räume lassen. Nicht angemeldete Patienten (Offene Sprechstunde) können auch außerhalb im Freien warten und einzeln telefonisch hereingerufen werden. Die KV signalisiert eine solche Option über die Presse, dass Patienten darauf vorbereitet sind, wenn eine Praxis dies umsetzt.
  • Überlegen Sie die Option der Einführung einer Videosprechstunde. Hinweise dazu unter www.kbv.de/html/videosprechstunde.php. Suchen Sie sich einen zertifizierten Videodienstanbieter und senden Sie das für Ihre Praxis ausgestellte Zertifikat an abrechnung@kvsh.de oder per Fax an 04551 883 7322. Sie erhalten zeitnah eine Bestätigung. Sobald Sie das Zertifikat als Nachweis an die KVSH übermittelt haben, dürfen Sie Videosprechstunden durchführen und abrechnen. Angesichts der aktuellen Lage haben KBV und GKV-Spitzenverband die Begrenzungsregelungen in Bezug auf die Videosprechstunde für das Quartal 2/2020 aufgehoben. Damit sind Fallzahl und Leistungsmenge nicht mehr limitiert. Ärzte und Psychotherapeuten können ihren Patienten daher jetzt öfter eine Videosprechstunde anbieten.
  • Überlegen Sie die Option, Vorsorgeuntersuchungen und nicht dringliche Kontrollen, z.B. DMP, zu strecken. Etwaige Vorwürfe eines Rückzugs aus der Versorgung sind gegenüber dieser Ausrichtung Ihrer Praxis fehl am Platz, so dass wir dies politisch positiv begleiten würden. Schließlich brauchen Sie perspektivisch wahrscheinlich sogar weitere Valenzen, weil damit zu rechnen ist, dass im Zusammenhang mit einer präklinischen Versorgung von Coronapatienten Aufgaben auf die ambulante Versorgung zukommen. Dass es hierfür entweder vorhandener Schutzbekleidung oder aber telemedizinischer Verfahren bedarf, liegt auf der Hand.

In dieser mutmaßlich auf das ambulante System zulaufenden Anforderung stecken einige Schwierigkeiten, für die aktuell noch keine endgültigen Lösungen vorliegen, aber im Entstehen sind.

1. Die Situation im Hinblick auf Schutzkleidung ist derzeit immer noch schwierig. Es sind aber diverse Kanäle auf Bundes- und Landesebene mit Hochdruck darauf gerichtet, diese Problematik zu lindern. Wir als KVSH haben derzeit Lieferketten zur Ausstattung unserer Fahrdienste, Anlaufpraxen und „Diagnostikzentren“ aufgetan. Die Kapazität reicht noch nicht aus, die Praxen allgemein auszustatten. Deshalb bleibt es wichtig, Verdachtspatienten über die 116117 in unsere speziell geschaffenen Strukturen und heraus aus den Praxen zu lenken. Es fällt uns schwer, eine konkrete Einschätzung zur Dauer des Problems abzugeben, im besten Falle tritt in einer Woche dauerhafte Linderung ein.

2. Eine etwaige Umstellung der Leistungsspektren geht sowohl mit dem Risiko einer Verringerung der Fallzahlen als auch mit möglichen Einbußen auf der extrabudgetären Seite (Beispiel Vorsorgen) einher.

Zu dem letzten Punkt möchten wir etwas weiter ausführen. Es gibt schon jetzt die Regelung, dass PZV erst bei Unterschreitungen über mehrere Quartale in der Gefahr des Absenkens stehen. Diese Regelung werden wir seitens der KVSH im Rahmen einer Entscheidung der Abgeordnetenversammlung strecken können. Ferner werden wir die Liquidität dadurch sicherstellen, dass die Abschlagszahlungen für die Dauer von vier Quartalen grundsätzlich nicht nach unten angepasst werden.

Von uns nicht unmittelbar lösbar wären Einbußen im extrabudgetären Bereich. Hier liegt der Ball auf der Bundesebene, den Praxen wie anderen Unternehmen sogar ein weitergehendes Stabilitätsversprechen zu geben, damit Umstellungen der Tätigkeit infolge der Coronaepidemie keine Nachteile für die Praxen nach sich ziehen. Das Thema ist dem Bundesgesundheitsministerium bekannt und es gibt Chancen, für Arztpraxen und Krankenhäuser einen Schutzschirm zu spannen.
Positiv können wir auf die bereits umgesetzte Regelung für die Dauermedikationsrezepte ohne persönlichen Patientenkontakt verweisen (siehe Newsletter von gestern).

Unverändert halten wir an unserer Strategie fest, die Diagnostik von Coronapatienten soweit wie möglich aus den Praxen fernzuhalten. Die Testindikationen sind eng auf das vom RKI Empfohlene zu begrenzen, denn auch diese Ressourcen sind endlich. Dazu erreicht sie in Kürze ein Fax-Anmeldeverfahren, da die telefonischen Leitungskapazitäten der 116117 nicht mehr ausreichen.
 
Dr. Monika Schliffke und Dr. Ralph Ennenbach

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